Montag, 28. Februar 2011

shaking earth

Wie soll ich diesen Blogeintrag am besten beginnen? Eine schwere Frage, denn seitdem ich euch das letzte mal informiert habe ist reisetechnisch nicht viel geschehen, doch wie der Grossteil von euch mitbekommen hat gibt es doch sehr viel Gespraechsstoff.

Wie ihr bereits wisst haben wir uns lange in Christchurch aufgehalten, da Marlen am 24ten in der Town Hall zu "Queens of the Stoneage" rocken wollte. Das mit dem WWOOFEN hat nichts gegeben, doch wir hatten das Glueck bei vier Typen (Amerikaner, Kandier,Welsh), die wir an Marlens Geburtstag kennengelernt hatten, ab und zu einkehren zu koennen. So kam es auch, dass wir am 22ten Februar nach einer ruhigen Nacht gemuehtlich in den Tag starteten. Unser Fruehstueckstisch war bunt gedeckt und die Serie "Scrubs" zog uns in ihren Bann (Fernseher? Wann haben wir das schon?). Ganze 3 Folgen zierten unser Fruehstuecksfernsehen, bevor wir uns dann entschieden die Koffer zu packen um uns auf den Weg in die Stadt zu machen. Was ein Glueck!
Waehrend Kirsten so nett war die Lebensmittel in Luke zu verstauen hielten Marlen und ich uns im Bad auf, als ein tiefes Grollen das Kommende ankuendigte. Ein Grollen, als wuerden Blitz und Donner den Himmel hell erleuchten. Wir tauschten verstoerte Blicke aus, als die Erde begann ihre Festigkeit zu verlieren. Alles, wirklich alles wackelt. Eine Geraueschkulisse, die nur schwer erklaerbar ist. Nehmet ein Haus, schuettelt es und stellt euch vor, wie es sich anhoert, wenn alles an Mobiliar und sonstigem Inhalt aus den Schraenken faellt, rollt oder wackelt. Tueren und Fenster quietschen, Alarmanlagen springen an und hallen durch die Nachbarschaft.
In diesen 10 Sekunden arbeitet das Gehirn auf Hochtouren. Tausend Gedanken auf einmal, nachdem man realisiert hat, was gerade eigentlich passiert. Marlen kauert sich zusammen, schreit angserfuellt, klammert sich an mir fest. Ich versuche selber an Wand und Waschbecken halt zu finden, denke einfach nur...Raus, wir muessen hier raus...wohin,untern Tisch? Wie? Denn jeder Schritt wuerde dich sofort zu Boden bringen. Dann ist es auch schon vorbei.
Wir laufen aus dem Haus die Treppen herunter um nach Kirsten zu sehen, die dachte anfaenglich naemlich erst, dass Marlen und ich uns einen Scherz erlauben wuerden und den guten Luke einmal kraeftig durchruetteln wuerden, bevor sie bemerkte, dass wir 2 diese Kraefte definitiv nicht aufbringen koennten.
Ein Surfer kommt vom Strand hergesprintet, die Leute steigen in ihre Autos und wir fragen diesen, was hier gerade passiert? "Die haben Angst vor einem Tsunami!" Schoen, das also auch noch? Nein, so schlimm kann es nicht sein. In diesem Moment ereilt uns schon das naechste Nachbeben. Diese sollten uns die naechsten Tage in abnehmender Sequenz begleiten und einen oft vor Schreck erstarren lassen.
New Brighton ist ein Vorort 10 km ausserhalb Christchurchs, direkt am Meer gelegen, sodass Sand und Wasser aus den Rissen der Strassen austraten und diese teilweise nicht passierbar machten, sowie die Bruecke, die uns als Zufahrt zu diesem Ort diente. Uns blieb also nichts anderes Uebrig, als dort zu bleiben, Luke moeglichst weit von Hauesern und Telefonmasten zu parken und uns ein Bild von der Situation in der Nachbarschaft zu machen.
Wir wollten helfen, doch an diesem Tag herrschte noch zu viel Chaos. Das Einzige was wir tun konnten, war fragen, ob es den Leuten gut geht. Dabei lernte ich den 11-jaehrigen Daniel kennen, der ein wenig verstoert von seinen Erlebnissen berichtete und voller Sorge um seine 2te Katze und seinen Cousind war. Seine 2 Mauese zeigte er mir stolz. Er kam bei einer Nachbarin unter, die auf unsere Frage, ob sie Hilfe brauechte nur antwortete: " All you can do is give people a hug!" ( Alles, was ihr machen koennt ist den Leuten eine Umarmung zu geben.) So war es irgendwie auch. Fuer sie und Daniel ein offenes Ohr haben und sie zu beruhigen war ersteinmal das, was man tun konnte. Das "Medical Centre" kreuzte unseren Weg. Dort wurden einige wenige Verletzte behandelt.
Nach 5h begaben wir uns auf den Rueckweg zum Haus der Jungs, die teilweise 9h gebraucht haben, um bis nach Hause zu kommen, aber alle in bester Gesundheit waren.
Die Nacht war kurz, denn die Nachbeben ruettelten uns noch einige Male durch.
Welches Ausmass das Erdbeben jedoch hatte, wurde uns erst am naechsten Tag bewusst, als ein Nachbar die Zeitung aufschlug und uns zeigte, welchen Schaden das Stadtzentrum davongetragen hatte. Hier wurde uns ersteinmal bewusst, wie viel Glueck wir gehabt haben, denn genau auf diesen Strassen haetten wir uns bewegt, wenn uns JD und Co nicht so sehr belustigt haetten.

Wir wollten helfen und fuhren zu dem nahegelegenen "rescue centre" am Flughafen. Dort wurde mir wiedermals vor Augen gefuehrt, welche Auswirkung das Beben auf die Haueser und Strassen hatte, denn ich hatte teilweise Sorge Luke nicht an den aufgerissenen Erdspalten vorbeisteuern zu koennen.
Als Auffanglager diente eine Schule, in der Leute mit dem Noetigsten versorgt werden sollten.
Nach anfaenglichen Organisationsschwierigkeiten verstand man schnell, dass Eigeninitiative gefordert ist und einfach dort angefasst werden muss, wo man es gerade sieht. Wir stellen also Dixitoiletten auf, schleppten Massen an Lebensmitteln, verteilten Essen oder hoerten wieder einfach nur zu.
Es ist wirklich unglaublich, was in solch einer Ausnahmesituation an Versorgungsutensilien angekarrt wird. Essen, wie wir es glaub ich die letzten 4 Monate nicht gehabt haben, denn die Solidaritaet ist sehr hoch, sodass jeder gibt, was er hat. Diejenigen, die noch Strom und Wasser zur Verfuegung hatten brachten Massen an selbstgekochten oder gebackenen Leckereien und auch sonst schien das Lager essenstechnisch bestens versorgt zu sein. Trinkwasser war auch genuegend vorhanden, die einizge Schwierigkeit war alles moeglichst sauber zu halten, wenn es kein Wasser gibt um Haende und Kuechenutensilien zu waschen und nur "hand sanitizer" Bakterien o.ae. abtoeten soll. Am 2ten Tag sah die Situation jedoch schon besser aus.

Ich muss sagen, dass mir die Arbeit in dem Auffanglager unglaublich viel Spass gemacht hat und ich einfach froh war den Leuten helfen zu koennen, denen es weitaus schlechter ging als uns, denn wir sind mit einem grossen Schock davongekommen. Natuerlich, einige waren dreist und unhoeflich, doch ich habe mich riesig gefreut, wenn die aelteren Leute sich bedankt haben, einfach dafuer, dass man ihnen gerade das Essen gebracht, ihnen zugehoert hat oder ueberrascht sind, dass man sich selber noch nicht aus dem Staub gemacht hat, obwohl man sein zu Hause auf vier Raedern hat.
Es war eine neue Erfahrung, eine Erfahrung, auf die wir durchaus haetten verzichten koennen, doch eine Moeglichkeit die Nettigkeit und Hilfe an den Tag zu legen, die uns hier mehr als nur einmal entgegengebracht wurde.

Nun befinden wir uns in Nelson, wo am Donnerstag mein Flug nach Auckland gehen wird. Marlen und Kirsten haben gerade Arbeit gefunden und werden diese morgen antreten, sodass ich den morgigen Tag mit Laura und den Rest wohl allein mit Packen, Shoppen und Sonnegeniessen verbringen werde.
Ich befinde mich im Endspurt und freue mich auf die australischen Straende.
Ich garantier fuer nichts, doch ich vermute, dass ich in Australien eher weniger bloggen werde, denn ganz bald sehen wir uns wieder. Dann kann ich euch persoenlich von Kaengurus, Koalas und Co. erzaehlen. Ich freu mich drauf.

Haltet dir Ohren steif. Wir sehen uns in einem knappen Monat.

Saludos de Nueva Zelanda
Kathi

1 Kommentar:

  1. Wie bitte? In nem knappen Monat sehen wir uns wieder? Geil! Wann kommsten genau?
    Naja, meinst wohl nicht mich. Aber ich habe letzte Woche einen neuen Freiwilligen am Flughafen abgeholt und mit gedacht wie unglaublich geil das wär, wenn das jetzt nur nen Vorwand ist und jetzt einer meiner Freunde rausmaschiert kommt:D:D
    Genug geträumt, zurück zur Realität!
    Mensch Kathi, wir haben ja schon miteinander gesprochen und du hast mir schon ausführlich von deinen krassen Erfahrungen berichtet und mich erstmal aufgeklärt, was in Seeland so abgeht. Ich krieg hier ja nichts mit...
    Du hättest es dir ja lieber erspart, aber das weiß man auch erst richtig richtig, wenn man es erlebt hat! Und so hast du es erlebt und bist gut davon gekommen und weißt aber das es genug war!
    Also hoffe ich, dass ihr das Ereignis auch alle ordentlich in verarbeiten könnt und dir wünsch ich dann nen guten Richtung-Heimat-Flug nach Australien und noch ne geeile Zeit! Lass dich drücken! Swen

    AntwortenLöschen